Im blutenden Herz der Geschichte
stieß ich auf Paul Celan. Er lehrte die Mutter
der Zeit und auch die Saat der Nacht zu gehen.
Doch hemmte die Zeit und die Nacht
eine Flut schwarzer Milch.
Darin trieben leidvoll die Leichen von Frauen
mit aschenem Haar. Die Schärfe jener Axt,
das ist der Herzog der Leere!
Der vermählt den güldenen Tod
mit liebenden Lippen, die Leiche der Lust
mit der Gruft allen Lachens,
die schlanken Hüften des Leids
mit roten Wangen des Lebens,
er flicht sie zu Paaren,
so wie er das verwebt, was nicht dein Aug,
was auch nicht meines, auch nicht seines,
er fügt’s aneinander im Flechtwerk
des wehenden Tuches,
das düster ist, dunkel
wie Mohn und Gedächtnis.
Arme Mutter, die nicht heimkam,
die Stammverwandten sind verbrannt,
sie haben ein Grab in den Lüften,
sie bohrten den Brunnen der Schmerzen
im Herzen der Erinnerung, darin die Schuld
in schwarze Milch sich wandelte,
geschöpft von dem, der übrigblieb,
dem, der entkam um Glückes willen.
War es so schwer Geretteter zu sein?
War alles Leid getilgt,
als mit der schönen Geliebten
der Leib geteilt
und Lust getauscht ward,
mit jener Nachfahrin der Bauern,
die auf Kummeräckern
Leiber pflanzten, Seelen jäteten?
Ein trauriger Vogel schwirrt einsam,
seine Flügel sind Erinnerung, aschen
und schwer, furchtsam flattert er,
hin und her, bald im Goldhaar der Geliebten,
bald in den langen aschenen Haaren
am toten Leib der Mutter.
Haare, die fesseln: wie ein Fallstrick,
straff gespannt,
bis hinein in jeden Grabeswinkel.
Quelle: Agus Sarjono: Gestatten, mein Name ist Trübsinn. Aus dem Indonesischen von Berthold Damshäuser. regiospectra Verlag, Berlin 2015, S. 58
© Agus Sarjono, Berthold Damshäuser